Agroforst ist eine neue Form der Landwirtschaft. Noch haben wir keine Vorstellung, wie unsere heute weitgehend ausgeräumte Kulturlandschaft in Zukunft aussehen könnte. Noch haben wir auch keine Vorstellung, welche Lebensmittelvielfalt wir auf Flächen ernten werden, die heute „nur“ Getreide oder Ölsaaten hervorbringen. Mit drei Agroforstverkostungen in Oberösterreich, Wien und der Steiermark wagten wir in der letzten Märzwoche 2025 einen Blick in die Zukunft.
Agroforst wird als eine Chance und Strategie angesehen, unser Essen auch weiterhin in den vertrauten, heimatlichen Regionen anbauen zu können. Das auch dann, wenn das Klima noch extremer werden sollte, das heißt noch heißer im Sommer und mit noch unregelmäßigeren, stärkeren Niederschlägen. Agroforst ist eine Landwirtschaft, die wieder Bäume und Sträucher zurück in Agrarflächen und damit in die Landschaft bringt. Zusätzlich zu den gewohnten Feldfrüchten können in diesem Mehrnutzungssystem über die Jahre Früchte und Nüsse geerntet werden, aber auch hochwertiges Holz oder Biomasse für die Energiegewinnung. Streuobstwiesen sind eine andere Form von Agroforst, weil ja auf den beweideten oder gemährten Wiesenflächen zusätzlich Äpfel, Birnen und/oder Zwetschken geerntet werden.
In den drei Verkostungsabenden näherten wir uns dem Agroforst geschmacklich und vor allem mit Geschichten Stück für Stück an. Rund um Lebensmittel, die schon jetzt schon aus mehrfach genutzten Landwirtschaftssysteme stammen, bekamen wir einen Eindruck, dass auch wir KonsumentInnen ein neues Verständnis für die Komplexität dieser „gemischten Landwirtschaften“ entwickeln müssen. Da gab es doch viele erstaunte Aahs ond Oohs, was es alles (noch) braucht, um Agroforstsysteme in ihrer Vielfalt erfolgreich in die Praxis umzusetzen. Sehr Interessiert diskutiert wurde in dem Zusammenhang z. B. die aktuell von der Arge Agroforst geschaffene Möglichkeit einer Agroforstzertifizierung. Es tut sich jedenfalls viel. Und wir KonsumentInnen warten schon freudig gespannt auf die ersten Lebensmittel aus Agroforstanlagen im Handel.
Nun teilen wir die Erinnerungen: Fotoeindrücke aller drei Agroforst-Verkostungen gibt es hier:
Folgende Mehrnutzungs-Lebensmittel mit mehr oder minder offensichtlichem Agroforstbezug haben wir da wie dort verkostet:
- Wiederbelebte Obstnutzung auf Bio-Streuobstwiesen in ganz Österreich: organisiert von Ökoland Vertriebs GmbH, Bio-Apfel-Birnensaft direkt gepresst naturtrüb von Ja! natürlich
- Kombination von Ackerfrüchten mit Futternutzung durch Rinder: Bio-Waldstaudekorn-Brot von Joseph-Brot
- Wiederbelebte Walnusssammlung durch professionelle Nussaufbereitung: Bio-Walnusskerne von Nussland
- Mut zu Neuem auf Österreichs Äckern: Bio-Erdnüsse aus dem Weinviertel von Neuland bzw. Ja! natürlich
- Wiederbelebte Esskastaniensammlung durch engagierte Kastanienkompetenz: Esskastanien aus dem Mittelburgenland vom Verein D’Kaestnklauba
- Mobile Kleingruppenhaltung von Legehennen direkt in Bio-Obstplantagen: Bio-Eier von den Apfelhühnern (die Website www.apfelhuhn.at wird in Kürze online sein)
- Kombination von Fruchtholz mit Beweidung durch Schafe: Dünne Liesl Bio-Lammwurst vom Braunen Bergschaft von Bio Hof Spezialitäten
- Beschattung von Erdbeer-Selbsterntefeld durch Agroforst: Bio-Erdbeernektar von Beerenhunger
- Weingarten von Schafen beweidet: Bio-Naturwein Roulette 2022 von Bioweingut Diwald
- Beschattung von Weideflächen durch Streuobstbäume: Bio-Streuobstwiesenobstler von Bio Hof Spezialitäten
- Beweidung von Agroforstflächen: Bio-Mangalitzaspeck von Chris & Laura
- Getreide von Agroforstflächen: Focaccia von Chris & Laura
- Wiederbelebte Esskastaniensammlung durch engagierte Kastanienkompetenz: Kastanien-Schokolade vom Verein D’Kaestnklauba
- Wiederbelebte Esskastaniensammlung durch engagierte Kastanienkompetenz:: Kastanien-Likör vom Verein D’Kaestnklauba
Thema: Wir verkosten den Agroforst: Mehr Bäume. Mehr Vielfalt. Mehr Genuss
Termine:
- Wels: Montag, 24. März 2025, 18.00 Uhr; Ort: Extrazimmer, Wels
Impuls: Irmgard Stadler (Bio-Bäuerin und Agroforst-Praktikerin ), Christoph Wagenhofer und Laura Wolfsteiner (Bio-Bauer und Agroforst-Bauer), Martina Follner und Paul Axmann (Bio-BäuerInnen und AgroforstpraktikerInnen), Susanne Baumgartner (Forschungsinstitut für biologischen Landbau)Moderation und kulinarische Begleitung: Reinhard Geßl (Forschungsinstitut für biologischen Landbau) - Wien: Mittwoch, 26. März 2025; 18.00 Uhr ; Ort: Community Cooking in der Brotfabrik, 1100 Wien
Impuls: Markus Fellner (Bio-Bauer und Agroforst-Praktiker), Christian Weinbub (Bio-Bauer und Agroforst-Praktiker), Martina Follner und Paul Axmann (Bio-BäuerInnen und AgroforstpraktikerInnen), Susanne Baumgartner (Forschungsinstitut für biologischen Landbau)
Moderation und kulinarische Begleitung: Reinhard Geßl (Forschungsinstitut für biologischen Landbau) - Graz: Freitag, 28. März 2025, 17.00 Uhr; Ort Lendhafen, Graz
Impuls: Johannes Schantl (Versuchsreferat des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung), Jochen Buchmaier (Humus+ Modell Ecoregion Kaindorf), Susanne Baumgartner (Forschungsinstitut für biologischen Landbau)Moderation und kulinarische Begleitung: Reinhard Geßl (Forschungsinstitut für biologischen Landbau)
Agroforst ist ein Mehrnutzungs- und Mehrnutzensystem. Einen dieser Nutzen haben wir jedenfalls bei allen drei Verkostungen genießen können: Wir sind zusammengekommen und sind rund um tolle Lebensmittel miteinander in gute Gespräche gekommen.
(c) Reinhard Geßl