Agroforst weltweit

Tropisch

Traditionelle Agroforstsysteme sind in vielen tropischen und subtropischen Gebieten Teil des kulturellen Erbes indigener Bevölkerungsgruppen. Einige Systeme werden anhand verschiedener Beispiele aus dem Amazonas folgend vorgestellt:

  • Chakra: In Ecuador praktizieren die indigenen Bevölkerungsgruppen Kichwa und Shuar das chakra-System, dass sich aus dem kleinräumigen Wanderfeldbau (shifting-cultivation) heraus entwickelt und den Anbau von Maniok (Manihot esculenta), Banane (Musa sp.) und Kakao unter schattenreichen Bedingungen beinhaltet. Die Kakaoernte stellt dabei eine wichtige Einnahmequelle für Communities (mit Absatzmöglichkeiten auf europäischen Märkten) dar. Verschiedene Baumkomponenten im System können für die Pflanzenfaser- und Samengewinnung für Kunsthandwerk, Medizin o.ä. genutzt werden.
  • Homegardens: Viele Kleinfarmer im Amazonasgebiet bewirtschaften einen „Hausgarten“ mit Obstbäumen als zentrale Systemkomponenten. Die Bäume reduzieren Vergrasung und Erosion und können sich teilweise als Stickstoff-Fixierer positiv auf verschiedene andere Anbauprodukte auswirken. Hausgärten leisten neben der Nahrungssicherstellung einen wichtigen Beitrag als Lernfeld für die Implementierung neuer Spezies und Praktiken, sowie dem Austausch mit Nachbar-Hausgärten.
  • Improved fallows und multistrata systems: Im peruanischen Amazonasgebiet spielen sog. improved fallows und multistrata systems, darunter successional agroforestry (SAFS) auf Alluvialboden am Río Aguaytía eine große Rolle. Dabei wird der Verjüngungszyklus der Baumart Guazuma crinita auf Brachflächen genutzt, um nach 5-6 Jahren stückweise Holz zu entnehmen. In Nordbrasilien praktizieren die Macuxi und Wapixana in der Savanne Brandrodungsackerbau und pflegen bzw. ernten die Baumart Centrolobium paraenseco im Unterholz, um sie als Konstruktionsholz für den Hausbau, sowie als Brennholz zu nutzen.
© J.Riedel/FiBL

Mediterran

Im mediterranen Raum Europas sind agroforstliche Systeme heute noch stärker vertreten als in nördlichen Gebieten, da die Verbesserung mikroklimatischer Verhältnisse, wie die Reduktion von Sonneneinstrahlung, Temperatur und Trockenheit, große Vorteile für die Landnutzung darstellen können. Der Fokus liegt dabei auf der Weidewirtschaft, da diese im Vergleich zum Pflanzenbau bei (langer) Sommertrockenheit eine zuverlässige Einkommensquelle bietet. In den silvopastoralen Systemen sind überwiegend Laubbäume integriert, wobei die Eiche (mit 17 verschiedenen Unterarten) als dominanteste Baumart zu nennen ist. Die seit rund 4500 Jahren existierenden traditionsreichen Dehesas in Spanien und Montados in Portugal bedecken insgesamt 3.1 Millionen ha Fläche und gelten als die wichtigsten Laubbaum-Agroforstsysteme in Europa. Die Stein- und Korkeichen spenden den Schafen, Ziegen und Rindern bei der Beweidung Schatten und dienen den Schweinen, durch die herabfallenden Eicheln, als Futterquelle. Durch die Gewinnung von Kork, Eicheln, Holz und Fleisch sowie eine eingeschränkte ackerbauliche Nutzung wurde eine große Diversifizierung erlangt. Aktuell kommt es jedoch zu einer Überalterung der Bestände, da kaum Bäume nachgepflanzt werden.

Im Gegensatz dazu gibt es silvopastorale Systeme mit Koniferen wie Kiefer, Wacholder und Tanne in den höheren Lagen mediterraner Gebirgsregionen.

Quelle: Pixabay.com
Quelle: Pixabay.com

Traditionell in Mitteleuropa

Zu den traditionell-historischen Agroforstsysteme in Mitteleuropa zählen:

  • Streuobstwiesen sind ein weit verbreitetes traditionelles Agroforstsystem, dessen Geschichte bis ins Römische Reich zurückgeht. Die hochstämmigen Obstbäume unterschiedlicher Sorten und jeden Alters stehen verstreut auf Grünland, welches entweder als Mäh- oder als Viehweide genutzt wird.
  • Streuobstäcker als Sonderform werden hingegen ackerbaulich oder gärnerisch unternutzt.
  • Hecken und Windbrecher, dienen zur Reduzierung von Winderosion, verbessern eine gleichmäßige Verteilung der Schneedecke im Winter, spenden Weidetieren Schatten bei starker Sonneneinstrahlung und können als Energie- oder Schnittholz genutzt werden. Nicht selten treten Hecken in Kombination mit Steinmauern oder Lesesteinriegel auf.
  • Hutewälder existieren seit der Römerzeit und beschreiben ein silvopastorales System, in dem Schweine für die Eichel- und Bucheckernmast, sowie für die Beweidung in den Wald getrieben wurden.
  • Unter der Schneitelwirtschaft versteht man das Abschneiden von Ästen und Blättern zur Gewinnung von Viehfutter, Einstreu und Brennholz. Der erste Schnitt erfolgte meist ab einer Baumhöhe zwischen 1,5m und 3m über dem Erdboden, um die Weidetiere davon abzuhalten, die neu austreibenden Knospen zu fressen.
  • Die Haubergwirtschaft, eine Form des Niederwaldes, hat ihre Ursprünge im Nordwesten Deutschlands und existiert seit dem Mittelalter. In dem System wird die Baumschicht aus überwiegend Quercus spp. (Eiche) und Betula spp. (Birke) auf Stock gesetzt, um Holz und Holzkohle zu gewinnen. Folgend wird auf der Fläche durch Brände, die Bodenfruchtbarkeit im System erhöht. Daraufhin ist auf der Fläche für einige Jahre Ackerbau z.B. in Form von Getreideanbau möglich. Anschließend wird der Acker in Brache gelegt, durch Tiere beweidet und die neuen Stockausschläge bilden langsam wieder einen dichten Bestand. Der Durchlauf eines gesamten Zyklus wird auf 20 Jahre geschätzt.
  • Das Zeidelwesen aus dem Mittelalter beschreibt das gewerbsmäßige Sammeln von Honig der Wildbienen, bei dem gezielt Flächen angelegt wurden auf denen sog. Zeitlerbäume, mit künstlich angelegten Stammhöhlen, standen.
© P. Meindl/FiBL

In Mitteleuropa kam es zu einem Rückgang der Etablierung bzw. Pflege von Agroforstsystemen und eine mangelnde Anreizschaffung der Integration von Baumkomponenten auf Äcker bis in die frühen 90er Jahre. Gründe für den Rückgang liegen u.a. in der Intensivierung und Mechanisierung landwirtschaftlich genutzter Flächen, der Verwendung von Kunstdünger und der Beseitigung von Baum- und Strauchstreifen im Zuge von Flurbereinigungen.

Nordeuropa

In Finnland, Norwegen und Schweden stellen Renntierzuchtsysteme auf 41,4 Mio. ha eine silvopastorale Landnutzungsform dar. Die Flechten, die auf Waldkiefer und Gemeiner Fichte wachsen, werden als Futterquelle für die Renntiere genutzt.

In kühleren Klimaten oder Bergregionen in Mitteleuropa kann der Schutz durch Bäume vor Wind und Schnee wärmere Bedingungen im Unterstand schaffen.

Quelle: Pixabay.com