Was bringt Agroforst?

In Agroforstsystemen werden Bäume und andere mehrjährige holzige Pflanzen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen (Acker- oder Weideland) etabliert, um die positiven Wechselwirkungen zwischen beiden Bereichen zu nutzen. Agroforstsysteme können daher dazu beitragen, landwirtschaftliche Flächen ökonomisch, ökologisch und auch landschaftsästhetisch aufzuwerten.

Die Bäume dienen der Holz- und/oder Fruchtproduktion und bieten landwirtschaftlichen Betrieben eine zusätzliche Vermarktungsmöglichkeit. Gleichzeitig wirken sich Agroforstsysteme in vielfältiger Weise positiv auf Umwelt und Agrarökosysteme aus:

Mögliche Leistungen von Agroforstsystemen (C) Sonja Wlcek, organic 17

Biodiversität

Agroforstsysteme können ein Refugium für die Artenvielfalt sein und unterschiedlichsten Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum bieten. Vögel, blütenbesuchende Insekten, Laufkäfer, Spinnen, Reptilien, Säugetiere und verschiedenste Bodenlebewesen – sie alle profitieren davon. (Bestimmte bodenbrütende Vogelarten, wie die Feldlerche oder der Kiebitz, bevorzugen allerdings offene Acker- und Weidelandschaften ohne hohe Baumstrukturen. Deshalb sollte vor einem Pflanzprojekt auch geklärt werden, ob eine geplante Agroforstfläche in einem Schutzgebiet für bestimmte Vogelarten liegt.)

Die durch Agroforstsysteme entstehenden Gehölz- und Saumbereiche bewirken eine Erhöhung der Struktur- und Habitatvielfalt in Agrarlandschaften. Durch die Gehölzflächen entstehen wichtige Nahrungs- und Rückzugsräume, die zudem zur Vernetzung unterschiedlicher Lebensräume in der Agrarlandschaft beitragen und den Aktionsradius vieler Arten vergrößern. Durch die Anlage von Blühstreifen oder Bracheflächen, die sich gut mit den Gehölzkulturen kombinieren lassen, können die positiven Effekte auf die Biodiversität noch verstärkt werden.

Agroforst fördert aber nicht nur die Artenvielfalt, sondern bereichert auch die Landschaft und macht die oft monotonen Landwirtschaftsflächen abwechslungsreicher, was zu einer Erhöhung des Erholungs- und Freizeitwertes beitragen kann.

Damit sich die Vorteile von Agroforstsystemen auf die Biodiversität wirklich auswirken können, die unterschiedlichen Tier- und Pflanzenarten gute Lebensbedingungen vorfinden und wir von den Ökosystemleistungen wie Bestäubung oder Schädlingsregulierung durch Nützlinge, Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit, Reduktion des Erosionsrisikos usw. profitieren können, ist es wichtig, den Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide deutlich zu reduzieren bzw. bestenfalls ganz darauf zu verzichten.

Quelle: Pixabay.com


Boden

Agroforstsysteme haben vielfältige positive Auswirkungen auf den Boden. Das Pflanzen von Bäumen kann dazu beitragen die Bodenfruchtbarkeit durch stärker geschlossene Nährstoffkreisläufe und Humusaufbau zu sichern und zu erhöhen.

Gehölze bilden weitreichende Wurzelsysteme aus, die den Boden lockern und belüften. Sie erschließen unterschiedliche Bodenschichten und damit auch Wasser- und Nährstoffquellen, die einjährigen Ackerkulturen nicht zur Verfügung stehen.
Die gute Durchwurzelung sorgt gemeinsam mit der geringeren Befahrungsintensität auch für ein deutlich geringeres Risiko der Bodenverdichtung als im konventionellen Ackerbau. Durch den Streufall der Bäume werden die Humusbildung und damit auch die Aktivität der Bodenorganismen angeregt.
Kurz: Durch Blattstreufall, gute Durchwurzelung und reduzierte Bodenbearbeitung wird das Bodenleben gefördert, der Humusgehalt erhöht und damit die Bodenfruchtbarkeit mittel- und langfristig verbessert.

Zudem reduzieren Agroforstsysteme, bei bereits geringen Baumhöhen, erosionsrelevante Windgeschwindigkeiten, wodurch das Erosionsrisiko und der Bodenabtrag deutlich verringert werden.

Nicht zuletzt: Der anhaltend hohe Flächenverbrauch und die damit einhergehende Verknappung der „Ressource Boden“ führt zu einem gesteigerten Interesse an Mehrfachnutzungskonzepten, vor allem, wenn diese mit einer Zunahme der Flächenproduktivität sowie einer Verbesserung der Umweltleistungen verbunden sind.


Klima

Durch den Klimawandel nehmen extreme Wettersituationen wie Starkregenereignisse und Dürreperioden deutlich zu. Da Agroforstsysteme eine höhere Klimaresilienz besitzen als Reinkulturen, können sie extreme klimatische Bedingungen besser abpuffern, die Windgeschwindigkeit reduzieren und, verglichen mit reinen Ackerflächen, das Mikroklima verbessern: die Verdunstung ist niedriger, die Wasserverfügbarkeit höher, Feuchtigkeit bleibt länger im Bestand, starker Wind wird abgebremst und es gibt mehr Schatten.

Doch Agroforstsysteme passen sich nicht nur besser an Klimaveränderungen an, sie leisten auch einen direkten Beitrag zum Klimaschutz:
Bäume sind in der Lage, der Atmosphäre Kohlenstoff zu entziehen und in der ober- und unterirdischen Biomasse (Holz, Blätter, Wurzeln) zu speichern. Der dadurch gebundene Kohlenstoff kann somit nicht als CO2 in die Atmosphäre entweichen. Die Gehölze stellen eine Kohlenstoff-Senke dar und leisten somit einen klaren Beitrag zum Klimaschutz. Gleichzeitig können Agroforstsysteme den Humusgehalt von Böden erhöhen, was wiederum die Speicherkapazität von CO2 im Boden verbessert.

Und auch die Emissionen von besonders klimaschädlichem Lachgas werden aufgrund des meist geringeren Einsatzes schnelllöslicher mineralischer Stickstoffdünger und der reduzierten Bodenbearbeitung in Agroforstsystemen verringert.

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Wasser

Agroforstsysteme dienen auch dem Grundwasserschutz. Durch die tiefreichenden Wurzeln können Bäume, Nährstoffe auch noch in tiefen Bodenbereichen, die unterhalb der Wurzelzone der Ackerkulturen liegen, aufnehmen. Sie übernehmen eine Art Filterfunktion und sorgen dafür, dass deutlich weniger Schad- und Nährstoffe in Grund- und Oberflächengewässer ausgewaschen werden.
Der Nitratgehalt liegt in Agroforstsystemen meist deutlich unter dem reiner Ackerflächen. Grund dafür ist der meist geringere Einsatz schnelllöslicher mineralischer Düngemittel sowie das tiefreichende Wurzelsystem, das Nitrat aufnehmen und damit dem Sickerwasser entziehen kann.
Der Phosphoreintrag aus landwirtschaftlich genutzten Flächen in angrenzende Gewässer ist aufgrund des geringeren Bodenabtrags in Agroforstsystemen ebenso reduziert wie der Eintrag von Pflanzenschutzmitteln. Einerseits werden, verglichen mit konventionellen Ackerkulturen, weniger Pestizide eingesetzt, andererseits fördert unter anderem das ausgeprägte Wurzelsystem die Aufnahme, die Speicherung und den Abbau von Pflanzenschutzmitteln.

Durch die Reduktion des Oberflächenabflusses können Agroforstsysteme zu einer Minderung von Hochwasserereignissen beitragen und das Risiko der Wassererosion verringern. Auf Hangbereichen verkürzen quer zum Gefälle angelegte Gehölzstreifen die Hanglänge und bewirken so eine deutliche Verringerung der Fließgeschwindigkeit. Auch die dauerhafte Vegetation, die, durch die Durchwurzelung verbesserte Wasserdurchlässigkeit, ein höherer Humusgehalt und die Förderung des Bodenlebens sorgen für einen geringeren Bodenabtrag und dafür, dass Agroforstsysteme zum Schutz von Grund- und Oberflächenwasser beitragen können.

© P. Meindl/FiBL

Betrieb

Nicht nur auf Boden, Wasser, Klima und Biodiversität wirken sich Agroforstsysteme positiv aus – auch für den landwirtschaftlichen Betrieb selbst gibt es gute Argumente dafür: schließlich bringen die ökologischen Leistungen (Bestäubung, Nützlingsförderung, Verringerung des Erosionsrisikos, Humusaufbau, Verbesserung des Mikroklimas, …) auch den Landwirt*innen direkte Vorteile.

Der einzelne Betrieb kann seine Gesamtproduktivität also durch zusätzliche Umweltleistungen steigern. Die Bereitstellung von Bioenergieträgern auf landwirtschaftlichen Flächen und die Erweiterung der landwirtschaftlichen Produktpalette können zudem zu einer Verbesserung und Diversifizierung der Einkommensquellen (Wertholz, Früchte, Nüsse, …) beitragen. (Die Investition in Werthölzer und ihre Pflege erbringt allerdings erst nach Jahren bis Jahrzehnten finanzielle Erträge).

Quelle: Pixabay.com
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Langfristiger Kapitalaufbau, die Werterhöhung von Flächen mit geringem Ertragsniveau, Möglichkeit der Holzproduktion unter Beibehaltung des landwirtschaftlichen Flächenstatus sowie eine bessere saisonal Verteilung von Arbeitsspitzen, da die Bewirtschaftung der Gehölze meist in den kälteren Monaten erfolgt, können als weitere Vorteile für den Betrieb genannt werden.


Unabhängig von diesen positiven Argumenten sollte vor der Anlage von Agroforstsystemen in jedem Fall geklärt sein, ob die Produktpalette eines Betriebes diversifiziert werden soll, eine langfristige Kapitalbildung (durch Wertholz) gewünscht ist, Nutzen und Risiken (notwendige Anfangsinvestitionen, Vermarktungsmöglichkeiten, persönliche Interessen, …) geklärt sind sowie ausreichend landwirtschaftliche Produktionsfläche vorhanden ist.